Heide Lochmann zum Haushalt

Veröffentlicht am 08.01.2008 in Reden/Artikel

Heide Lochmann, SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende, zum Haushalt

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Brötel
Sehr geehrte Damen und Herren

„Auf zu neuen Ufern“ so haben Sie Herr D. Brötel Ihre Haushaltsrede für das Jahr 2008 überschrieben.
Auf den ersten Blick habe ich gedacht: „ Klingt interessant. Was sind das wohl für neue Ufer?"

Und als Kennerin norddeutscher Küsten habe ich mir weit entfernte neue Länder vorgestellt.
Beim Lesen des Haushaltsplanes musste ich dann aber erkennen, dass es sich höchstens um Binnengewässer, vielleicht sogar nur um andere Ufer am gleichen Fluss handeln kann. Nun ja - immerhin.
Aber die Einschätzung, dass sich das Schifflein Neckar-Odenwaldkreis mit dem Kapitän Dr. Brötel und dem Steuermann Schork auf rauer See geschickt aus den Sturmtief herausmanövriert hat, teilen wir uneingeschränkt. Und dafür danke ich auch im Namen der SPD-Fraktion Ihnen beiden und der gesamten Mannschaft sehr herzlich.
Nun möchte ich aber trotzdem einige einzelne Posten genauer betrachten und auf die Aussicht nach neuen Ufern untersuchen.
Was also sind die versprochenen neuen Ufer?

1. Keine Neuverschuldung, sondern sogar leichter Abbau von Schulden.
2. Verstärkung der Bauunterhaltungsmaßnahmen und der Energieeinsparmaßnahmen insbesondere bei den Schulen und Verwaltungsgebäuden
3. Investitionen bei den Schulen z.B. bei der Beschaffung neuer Maschinen
4. Und trotz dieser Mehrausgaben - Minderung des Hebesatzes bei der Kreisumlage.

Wir halten dieses „ Klar Schiff machen“ - vor allem die Herabsetzung des Hebesatzes um 1,1% - für vernünftig, denn, um im Bild zu bleiben, unsere kleineren Versorgungsschiffe, die Gemeinden, müssen ebenfalls ihre Schiffe wieder auf Vordermann bringen können, um mithalten zu können. Und dabei hilft der verringerte Hebesatz.
Das alles ist möglich, weil die Konjunktur angesprungen ist, - sich die Einnahmesituation durch höhere Steuereinnahmen verbessert hat und sich damit durch die Erhöhung der Kopfbeträge auch auf die Kreise auswirkt.
Trotzdem – und da dürfen wir uns nichts vormachen - Der Neckar-Odenwald-Kreis ist zwar auch am Wind aber leider längst nicht so hart daran wie andere Kreise: 6,3% Erhöhung bei der Steuerkraftsumme der Gemeinden und plus 9,4% beim Kreis sind zwar erfreulich, aber gegenüber von 14,5% im Landesschnitt noch zu wenig. Hier wird die Strukturschwäche unseres Kreises deutlich und - hieran zu arbeiten wäre aus meiner Sicht eines von noch weiter entfernt liegenden Ufer.
Aber um diese zu erreichen brauchen wir die Unterstützung durch die Veränderung der Landesgesetzgebung: Die Schlüsselzuweisungen müssen zugunsten der ländlichen Räume verändert werden, sonst sind alle schönen Reden zur Stärkung der ländlichen Räume nur leere Lippenbekenntnisse.

Der positiven Entwicklung der Einnahmen stehen leider auch Erhöhungen der Ausgaben so z.B. der Finanzausgleichumlage entgegen, sodass eine schnellere Rückführung der Schulden leider nicht möglich ist. Diese Verminderung der Schulden ist für die nächsten Jahre eines der Hauptziele – einmal um die Kosten für die Zinsausgaben, immerhin ca. 2.2 Mio. €, zu verringern und den Verwaltungshaushalt zu entlasten und zum zweiten, um Spielräume für neue Projekte zu eröffnen. Das zur allgemeinen Situation.

Nun zu einzelnen Teilaspekten:
Hauptausgaben des Kreishaushaltes sind die Sozialkosten. Sie steigen im kommenden Jahr voraussichtlich um mehr als 800.000€ auf 43,8 Mio. €. Das sind 4,4 Mio. € mehr als durch die Kreisumlage aufgebracht werden können.
Hauptursache für diesen Anstieg ist die Fallzahlenerhöhung bei der Hilfe zur Pflege und bei der Grundsicherung für Ältere. Trotzdem ist aus Sicht der SPD-Fraktion festzustellen, dass wir uns diese Grundsicherung uneingeschränkt leisten können müssen, denn unsere älteren Menschen haben ein Anrecht darauf.

Bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende ist der erfreuliche Trend mit dem Rückgang der Bedarfsgemeinschaften und damit verbunden eine Ausgabensenkung von fast 0,5 Mio. € sehr positiv zu vermerken – die Unsicherheit bei der Kostenbeteiligung des Bundes und die Feilscherei um die Höhe ist aber zu monieren. Hier und auch beim Wohngeld wäre eine verbindliche und auf Jahre sichere prozentuale Zuweisung – basierend auf den Fallzahlen - dringend erforderlich.
Zusammenfassend lässt sich zu den Sozialausgaben folgendes feststellen:
Wir müssen uns in den nächsten Jahrzehnten auf den demografischen Wandel einstellen. D.h. Abnahme der Bevölkerung und Rückgänge bei den Einnahmen, wobei die Ausgaben für die Älteren ansteigen werden. Um das zu schaffen müssen wir den begonnenen Weg, nämlich ein besonders familienfreundlicher Kreis zu sein, weiterverfolgen. Unser Angebot für Eltern mit Kindern muss so gut sein, dass weitere junge Familien hierher ziehen. Laut einer Sendung im SWR4, die von Frau Kroitzsch moderiert wurde. fehlen dazu nur noch Angebote zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf, d.h. mehr Plätze für Kinder unter 2-3 Jahren. ( Darüber haben wir uns ja schon im Frühjahr unterhalten)

Zur Verwaltungsreform möchte ich nur soviel sagen: Dank der umsichtigen Vorgehensweise der Verwaltung – z.B. durch den Erwerb von früher gemieteten Gebäuden wurde die geforderte Effizienzrendite sogar übertroffen. Dabei müssen aber bei den Vermessungsgebühren noch dringend reale Gebühreneinnahmen seitens des Landes verrechnet werden, um erhebliche Verluste für den Kreis zu vermeiden. Hier muss nachgebessert werden.

Zum Verbleib des Schulamtes ist eigentlich schon alles gesagt, aber ich möchte hier noch einmal betonen. Es muss bei uns im Kreis bleiben! Ob nun eingegliedert oder nicht. Wir brauchen es hier und nicht irgendwo weit weg. Gerne kann das Schulamt des Rhein- Neckarkreises mit unserem zusammengelegt werden – natürlich in Mosbach!
Auf diese Weise würde, wie versprochen, der ländliche Raum tatsächlich einmal gestärkt!

Bei den Personalausgaben ist aus unserer Sicht folgendes zu vermerken. Die Rückführung der Stellenzahlen im Sinnen von Einsparungen ist sicherlich zu begrüßen. Auf der anderen Seite bedaure ich aber den Wegfall jedes einzelnen Arbeitsplatzes und hoffe vor allem, dass die anfallende Arbeit zur Zufriedenheit aller Beteiligten erledigt werden kann.
Dass die leistungsorientierte Bezahlung erst langsam in Gang kommt geht für mich in Ordnung, da das Entwickeln neuer Strukturen Zeit braucht.
Für die umfangreiche und sorgfältige Arbeit bei der systematischen Stellenbewertung bedanken wir uns. Auch hier wird eine Umsetzung Zeit brauchen

Nun zu den Schulen:
Gute schulische Ausbildungsmöglichkeiten sind wichtige Standortfaktoren für jeden Kreis und jede Kommune. Darüber sind wir uns alle einig. Dass nach den Neu- und Anbauten von Schulen in den letzten Jahren nun die Bau-unterhaltung sowie die Energieeinsparmaßnahmen und die Erneuerung der Ausstattung im Vordergrund stehen, ist notwendig und richtig. Die zusätzlichen 400000€ bei den Investitionen für Maschinen sind dabei nur ein erster Anteil und werden in den nächsten Jahren noch aufgestockt werden müssen. Denn- Ohne vernünftige Ausstattung ist keine zeitgemäße Ausbildung möglich.
Vergessen sollten wir aber über die Sachkosten nicht die personelle Ausstattung der Schulen – das gilt für alle Schulen, insbesondere auch bei der Einrichtung und Weiterführung von Ganztagsschulen. Daran sollten wir das Land erinnern und auch an die weitere Einstellung von Schulsozialarbeitern und Psychologen. Ehrenamtliche Jugendbegleiter sind positive Begleiterscheinungen, aber kein Ersatz von Lehrern und Fachpersonal!

Da wir heute noch im Bereich der Abfallwirtschaft über die Abfallgebühren-kalkulation beraten werden, nur folgende Bemerkung: Es ist erfreulich, dass die Müllgebühren trotz steigender Kosten konstant gehalten werden. Herzlichen Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der AWN für die sehr gute Arbeit, die sich auf diese Weise dokumentiert.

Auch zu den Gesundheitseinrichtungen – unseren Neckar-Odenwald Kliniken im Rahmen des Haushalts nur einen Satz: Wir müssen zwar mit einem Defizit von 2,38 Mio. € rechnen und das im Kreishaushalt abdecken, aber die Zeichen stehen recht positiv und wir wünschen der gGmbH mit ihrem Geschäftsführer Herrn Duda und allen Mitarbeitern viel Erfolg.

Nun zum letzten Teil Ihrer Haushaltsrede vom 10. Oktober.
Da geht es um die Stärkung des Ländlichen Raumes und damit auch unseres Kreises.
Wie schon z.B. bei der Neuverteilung der Schlüsselzuweisungen und der Platzierung der Schulämter deutlich wurde, stimmen wir mit Ihnen überein, dass zur Stärkung unseres Kreises alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um die Strukturschwäche zu überwinden. Das heißt, alle Fördermöglichkeiten von Land, Bund und EU sind auszuschöpfen und unsere Einrichtungen wie z.B. WINO und EAN entsprechend auszurichten.
Dass die Landkreisverwaltung hier nach wie vor sehr rege ist und alle Angebote sucht und nutzt ist sehr erfreulich.
In die gleiche Zielrichtung gehen auch Investitionen im Bereich des Schienenverkehrs zur Verladung von Holz auf die Schiene, beim Ausbau der Elsenztalbahn und der Stadtbahn Heilbronn. Alle diese Projekte sind schon lange ein Anliegen der SPD-Fraktion und wir unterstützen die Durchführung dieser Maßnahmen genauso wie die Verbesserung der Anbindung unseres Raumes auf dem Wasser und auf der Datenautobahn und ebenfalls den Ausbau von Kreisstraßen.

Nun, ganz zum Schluss noch einmal zu Ihrer Überschrift und Aufforderung
„Auf zu neuen Ufern“ Sie haben diesen Leitsatz in Teilbereichen immer wieder aufgegriffen und besonders den Abbau von Schulden, das „Ballast abwerfen“ in den Mittelpunkt gerückt. Die zweite Hauptidee war „ Ländlichen Raum entwickeln“ Beide Teilaspekte sind für mich wichtige Gedanken aber wie eingangs erwähnt, eigentlich nur das „Uferhopping“, d.h. der große Ausflug zu einem weiten Ufer ist das noch nicht.
Ich denke dazu müssten wir Ideen entwickeln: „wie soll unser Neckar-Odenwaldkreis in 10- 20 Jahren aussehen?“ Natürlich ist das bei den drückenden Schulden utopisch, aber warum soll man nicht einmal Träume und Visionen entwickeln? Vor allem, weil beides zusammengehört. Wenn wir Ideen entwickeln, wie wir die bestehenden Arbeitsplätze erhalten können und neue erzeugen, ist auch der Abbau von Schulden nicht mehr so weit, weil dann ja auch neue Arbeitsplätze entstehen und mehr Steuern fließen werden.
In einem Bereich sind solche Visionen ja von Ihnen schon dargestellt worden: „Energieautarkie im NOK bis 2011“
Warum nicht auch in andern Bereichen?
Eine Zukunftswerkstatt unter der Beteiligung der Bürger wäre vielleicht mal ein Anfang. Ein paar Ideen hätte ich auch schon: Wie wäre es mit einer richtig großen Seniorenanlage mit Einkaufszentrum und Wellnesszentrum, oder einem richtig großen Spiel und Badepark, damit die Gelder nicht in andere Kreise abwandern?
Natürlich noch unausgegoren, Aber:

„Nur wer den sicheren Hafen verlässt kann Amerika entdecken“ Ich weiß nicht von wem dieses Zitat stammt, aber sie/er haben recht.
In diesem Sinne „Auf zu neuen Ufern“

Wir bedanken uns bei Ihnen sehr geehrter Herr Landrat Dr. Brötel und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landkreises für die geleistete Arbeit und die sorgfältige Vorbereitung des Haushaltsplanes.

Durch den Tod von Karl-Heinz Joseph hat die SPD- Fraktion hat ein schwieriges und trauriges Jahr hinter sich. Er fehlt uns.

Ihnen ,der Verwaltung und auch den Kolleginnen der anderen Fraktionen herzlichen Dank auch nochmals für das große Mitgefühl und das Verständnis und für die sachliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Die SPD-Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushalt zu.

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