1980 – ein Superwahljahr mit mäßigen Erfolgen für die SPD im Kreis

Veröffentlicht am 10.07.2010 in Historisches

Seit es 1976 nicht mehr gelang, den Bundestagsabgeordneten im Wahlkreis Odenwald-Tauber Klaus Richter nicht mehr abzusichern und auch die Landtagskandidatur 1976 von Peter Knoche keinen Erfolg brachte, musste die SPD im Neckar-Odenwald-Kreis alle Aktivitäten mit örtlichen Repräsentanten meistern. Der Kreisvorsitzende Gerd Teßmer trat auf allen sportlichen, kulturellen, militärischen und politischen Veranstaltungen für die Sozialdemokraten auf, die SPD-Kreistagsfraktion war im gesamten Kreis rührig und auch in Mosbach und Buchen entwickelten die SPD-Stadtverbände permanent Aktivitäten.

Landtagswahl 1980 – engagiert, aber weiterhin keine Stimme im Parlament für den Neckar-Odenwald-Kreis


Wahlaufruf von Landtagskandidat Gerd Teßmer

Mit Erhard Eppler als Landesvorsitzendem der SPD Baden-Württemberg hatten die Sozialdemokraten auch einen prominenten und streitbaren Mann an der Spitze. Hauptauseinandersetzung war die Energiepolitik. Erhard Eppler brachte die SPD (die Grünen gab es noch nicht) mehrheitlich auf Öko- und Alternative-Energie-Kurs. Die SPD im Land nahm die Anti-Kernkraft-Haltung zwar mehrheitlich an, der Pro-Atomkraft-Flügel war aber nicht weniger aktiv. Für den Neckar-Odenwald-Kreis brachte dies 1980 im gesamten Landtagswahlkampf eine Zerreißprobe. Die Kernkraft-Befürworter in der Kreis-SPD – damals waren ein Drittel der KWO-Beschäftigten SPD-Mitglieder – verweigerten jede Wahlkampfunterstützung und traten reihenweise aus der SPD aus.
Die Kreisführung um Gerd Teßmer trug trotz Anfeindungen den Energiewandel auf alternative Energien und nachwachsende Rohstoffe mit, hatte aber in der Presse und bei Podiumsdiskussionen einen schweren Stand.
Am 17. November 1979 hatten die Kreisdelegierten Gerd Teßmer, Gemeinderat in Binau, zum Erstkandidaten und Hans Schaab, Stadtrat in Buchen, mit absoluter Mehrheit zum Zweitkandisdaten gewählt. Sofort ging man an die Arbeit und schwärmte mit unzähligen Veranstaltungen, Informationsständen, Lautsprecherwagen und Zielgesprächen im gesamten Kreisgebiet aus. Dass gerade dieser Winter sehr schneereich war, hinderte die Aktivitäten nur unwesentlich.
Schwieriger gestaltete sich eine Pressekampagne in Buchen gegen SPD und Jusos. Hatten diese doch unter Federführung von Volker Schwender ein Plakat zur Aufhebung des § 218 (Abtreibungsverbot) mit einem angeblich blasphemischen Inhalt veröffentlicht. Der CDU-Landtagsabgeordnete, der Buchener CDU-Bürgermeister und die Staatsanwaltschaft Mosbach schalteten sich ein. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Erhard Eppler im Land und Gerd Teßmer im Kreis versuchten die Wogen zu glätten. Die Union hatte neben der Kernkraft ein weiteres Thema, womit sie bei der religiösen Bevölkerung glaubte punkten zu können.


Wahlkampfauftakt mit der seit Februar 1979 im Europa-Parlament sitzenden Heidelbergerin Beate Weber. Das Foto zeigt die EU-Abgeordnete Beate Weber im Gespräch mit Landtagskandidat Gerd Teßmer (Binau) und Zweitkandidat Hans Schaab (Buchen)

Die Unterstützung von oben hielt sich auch in Grenzen. Aber die frisch gewählter Europa-Abgeordnete Beate Weber, der stv. SPD-Bundesvorsitzende Hans-Jürgen Wischnewski, der Staatssekretär für innerdeutsche Beziehungen Dr. Heinz Kreutzmann und der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Ulrich Lang zeigten Flagge im Kreis. Starke Unterstützung kam von der damals höchst aktiven Deutschen Postgewerkschaft.


Der Stellvertreter von Willy Brandt, Hans-Jürgen Wischneski besuchte zur Unterstützung der SPD im Landtagswahlkampf auch den Neckar-Odenwald-Kreis. Das Foto zeigt (v.l.) Adolf trunk (Buchen), LT-Kandidat Gerd Teßmer, Hans-Jürgen Wischnewski, Hansd Bühler (Diedesheim) und Zweitkandidat Hans Schaab (Buchen).

Vier Sonntage bis zur Landtagswahl am 16. März 1980 waren die SPD-Ortsvereine ab 4 Uhr morgens aktiv, um die SPD-Sonntagszeitung kreisweit zu verteilen. Die Motivation war ausgezeichnet, die Wahlergebnisse weniger. Lediglich in Binau, Guttenbach, Hochhausen, Kälbertshausen, Kleineicholzheim, Michelbach, Mittelschefflenz, Oberdielbach, Schollbrunn Trienz, Waldkatzenbach und Zwingenberg schaffte die SPD die Mehrheit. Insgesamt holte die CDU 61,5% der Stimmen (-2,85% gegenüber 1976), die SPD 29,0 % (minus 0,46% gegenüber 1976. In realen Wählerstimmen hatte die CDU immerhin 2.037 verloren, die SPD dagegen nur 394 weniger. Nun denn, man ging schnell zur Tagesordnung über, ermunterte aber den Kandidaten Gerd Teßmer, es in vier Jahren noch einmal zu versuchen.

Bei den Kommunalwahlen von 69 auf 115 SPD-Gemeinderatsmandate verbessert

Schon am 22. Juni 1980 standen die Kommunalwahlen an und am 5. Oktober galt es Helmut Schmidt wieder als Bundeskanzler zu bestätigen. Die neuen und alten SPD-Ortsvereine hatten die Kommunalwahlen gut vorbereitet und bekannte Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt. In den 27 Kommunen der Kreises gab es jetzt 115 Ratsmitglieder mit SPD-Parteibach statt vorher 69. Gerade diese sichtbaren Erfolge, die man selbst hart erarbeitet hatte, machten Mut und so ging man selbstbewusst in die Bundestagswahl, galt es doch einen Bundeskanzler Franz-Josef Strauß zu verhindern und Helmut Schmidt und seine sozialliberale Koalition zu stärken.

Helmut Schmidt blieb Bundeskanzler, aber für ein Mandat im Kreis gab es keine Chance

Für die Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 hatte sich für den Wahlkreis Odenwald-Tauber der Berufssoldat Oberstleutnant Heinz Kluss beworben. Die Hoffnung der SPD, dass bei einer hohen Militär-Standort-Dichte der Landesparteitag dies bei der Listenverabschiedung honorieren würde, wurde wieder einmal tief enttäuscht. Immerhin war im Main-Tauber-Kreis die Bundeswehr in Bad Mergentheim mit der Brigade 36 und in Niederstetten, Tauberbischofsheim, Lauda und Külsheim mit je einem Bataillon vertreten. Im Neckar-Odenwald-Kreis waren damals in Neckarelz/Neckarzimmern das Luftwaffenversorgungsregiment IV, in Altheim das Depot, in Hardheim die Flugabwehr mit einem Bataillon und in Walldürn mit den Panzergrenadieren und der Artillerie gleich zwei Bataillone beheimatet. All diese Argumente nützten nichts. Der Parteitag in Esslingen wollte es anders. Heinz Kluss kam nur auf den aussichtslosen 33. Platz.
Trotzdem fand Wahlkampf statt, engagiert und mit vielen neuen Ideen. Auch die „Zeitung am Sonntag“ wurde hier in aller Herrgottsfrühe in allen Kreisgemeinden ausgetragen.


„Deutschland und Europa“ hieß das Thema der Podiumsdiskussion zu der die beiden Kreisverbände eingeladen hatten. Unterstütztr wurden sie dabei von MdEP Beate weber. Das Foto zeigt (v.l.) Siegfried Neumann (Main-Tauber), BT-Kandidat Heinz Kluss, MdEP Beate Weber, KV-NOK Gerd Teßmer, die Landesbeauftragte Europa Helga Young und den Kreisbeauftragten Europa Dr. Hans-Günter Brauch.

Unterstützung im Wahlkampf kam mit Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung Andreas von Bülow und Staatssekretär Klaus von Dohnanyi. Klaus Staeck stellte in Buchen aus; der JUSO-Bundesvorsitzende Willy Piecyk kam nach Mosbach und der dem Kreis sehr zugetane Bundestagsabgeordnete Werner Nagel (Mannheim) war ebenso mehrfach im Kreis zu Gast wie die Europa-Abgeordnete Beate Weber und die Sinsheimer Landtagsabgeordnete Brigitte Adler. Mit MdL Karl-Peter Wettstein, MdL Günter Erlewein, MdL Jörg Ueltzhöfer, MdL Erwin Sack, MdL Walter Spagerer und MdL Dr. Münch half die SPD-Landtagsfraktion und kam in die SPD-Ortsvereine für Besichtigungen und Abendveranstaltungen.


Mit „Sicherheit für Deutschland“ war die SPD-Tagung in Hardheim überschrieben, zu der beide Wahlkreise den Mannheimer Bundestagsabgeordneten Werner Nagel eingeladen hatten. Im Präsidium saßen (v.l.) BT-Kandidat Heinz Kluss, MdB Werner Nagel, KV-NOK Gerd Teßmer, Kreis-Schriftführer Sigfrid Krampe (Zwingenberg) und Geschäftsführer Main-Tauber Jochen Künhne.

Das Ergebnis der Bundestagswahl konnte sich für die nicht gerade erfolgsverwöhnten Sozialdemokraten im Neckar-Odenwald-Kreis und im Main-Tauber-Kreis durchaus sehen lassen. Während die CDU 2000 Stimmen verlor gewannen die Sozialdemokraten 2000 hinzu. Aber mit Platz 33 auf der Landesliste war von vornherein klar, dass für Heinz Kluss ein Mandat nicht zu erringen war.

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