1978 – für die SPD im Kreis der Beginn der Ära Gerd Teßmer

Veröffentlicht am 20.06.2010 in Historisches

Nur wenige Kreisvorsitzende haben die SPD in Odenwald und Bauland geprägt. Über Jahrzehnte hinweg stand Fritz Lingenberg (seit 1946) an der Spitze, dann folgten Kurt Wagner (ab 1971) und Eckhard Hoffmann (ab 1973).


Für sein jahrelanges Engagement dankte man Fritz Lingenberg auch auf Landesverbandsebene von höchster Ebene. Der Landesvorsitzende Uli Lang und Ex-Innenminister Walter Krause ließen es sich nicht nehmen, das Mosbacher „SPD-Urgestein“ persönlich zu ehren und ihm für seine schwierige Aufbau-Arbeit zu danken.

Im Oktober 1978 übernahm der Binauer SPD-Vorsitzende und Kreisschriftführer Gerd Teßmer von Eckhard Hoffmann das Amt des Kreisvorsitzenden. Dass er dies 25 Jahre – nicht zum Schaden der SPD im Odenwald und im Bauland – ausüben würde, hätte zunächst sicher niemand gedacht. Und doch fallen in diese Vorstandszeit große Veränderungen im SPD-Kreisverband. Gerd Teßmer macht sich sofort in jeder freien Minute, die ihm sein Beruf als Realschullehrer an der Pestalozzi-Realschule lässt, daran, die Bedeutung der SPD in diesem „schwarzen Kreis“ zu erhöhen und die Zahl der Mitglieder zu steigern. Dies sollte Gerd Teßmer durch persönliche Gespräche mit der SPD-nahestehenden Sympathisanten und der Gründung von SPD-Ortsvereinen auch erreichen. In seinem eigenen Ortsverein Binau nahm die Mitgliederzahl von 33 (Januar 1979) auf 140 (Januar 1984) zu; und alle wurden persönlich von Gerd Teßmer für die SPD gewonnen.


Ab Oktober 1978 steht Gerd Teßmer dem SPD-Kreisverband vor. Als seine Stellvertreter fungieren Gerhard Schmitz (am Rednerpult) und Rudi Braun. Auch Werner Sabelhaus, Eckhard Hoffmann, Werner Honke, Rolf Schassner, Klaus Schüler und Adolf Trunk (Foto) gehören dem SPD-Kreisvorstand an.

Also klinkt sich der neue Kreisvorsitzende in jede Veranstaltung im Kreis ein, fällt an seiner Schule als Verbindungslehrer und Leiter zahlreicher Sportturniere mit kreisweiter Beteiligung auf, macht Zeltlager und Sommerveranstaltungen mit Kindern für die Arbeiterwohlfahrt Binau, die in den frühen 80er Jahren von ihm gegründet wurde. Als aktiver Fußballer und Funktionär im FC 1927 Binau macht er sich im Sport bekannt, durch die Mitgliedschaft beim Freiwilligen Polizeidienst und bei den Reservisten erschließt Teßmer der SPD bisher der SPD noch nicht näher stehende Bereiche.
Die Kreisstruktur der SPD änderte sich innerhalb weniger Jahre und mit Rolf Schassner und dem damaligen Walldürner Fraktionsvorsitzenden Karl-Heinz Joseph, mit dem Buchener Beigeordneten Adolf Trunk und dem zunächst einzigen Buchener Stadtrat Hans Schaab standen ihm im Altkreis Buchen wichtige Persönlichkeiten zur Seite.


Bei Betriebsbesuchen zeigte die SPD im Altkreis Buchen immer öfter Flagge. So führte einer der ersten Besuche zu Hoffmann und Krippner Folientastaturen GmbH, wo man freundlich empfangen wurde. Das Foto zeigt die SPD-Delegation mit (v.l.) Dieter Gerlach (Eberstadt), Volker Schwender, Burkhard Münch, Christl Ristl, Hans Schaab (alle Buchen), KV Gerd Teßmer (Binau) und stv. KV Rolf Schassner (Adelsheim).

Im Altkreis Mosbach koordinierten der damalige Kreisgeschäftsführer Hugo Pettirsch und die SPD-Büroleiterin Irmgard Kolczynski die Stärkung der SPD-Ortsvereine und Gerd Teßmer machte sich erfolgreich daran, neue Ortsvereine zu gründen oder eingeschlafene wieder zu beleben. Dies gelang schon innerhalb eines Jahres mit den Ortsvereinen in Neunkirchen, wo Bürgermeister Richard Wagner (SPD) ihn unterstützte, und in Schwarzach, wo er mit Karl-Heinz Weiß einen Ansprechpartner und neuen Ortsvereinsvorsitzenden fand. Anfangs übte Teßmer in Schwarzach das Amt des Kassierers aus, bis man einen örtlichen hatte finden können. Im Kreisverband engagierten sich während dieser Zeit das berühmte Michelbacher Duo Walter Kiefer und Günter Glumm, sowohl als Mitglieder im Kreisvorstand wie auch als Aktivisten vor Ort.
Anfang 1978 schlossen sich die Mosbacher SPD-Ortsvereine zum „Stadtverband Mosbach“ zusammen. Unter der Leitung von KV Gerd Teßmer und seinem Stellvertreter Hans Bühler wurde der Mosbacher OV-Vorsitzenden Ewald Linek zum Stadtverbandsvorsitzenden gewählt. Stellvertreter wurden Rudi Braun (Diedesheim) und Gerd Sensbach (Neckarelz). 1980 wurde alle 3 in ihrem Ämtern bestätigt Seit Mai1980 hatte Teßmer auch einen ‚Arbeitskreis Landwirtschaft’ ins Leben gerufen. Man arbeitete mit dem „Kirchlichen Dienst auf dem Land“ zusammen und pflegte erste regelmäßige Kontakte zu den Landwirten, die ja nicht gerade zum Stammwählerpotential der Sozialdemokratie zählen.
Mit dem Fahrenbacher Ortsvereinsvorsitzenden Werner Kolczynski und Kreiskassierer Heribert Becker (Obrigheim) verband Teßmer nicht nur eine enge persönliche Freundschaft, sondern auch der Wille, die Gedanken der Sozialdemokratie über die bisherigen Ortsvereine hinaus zu tragen.


Auf der SPD-Kreisversammlung im Dezember 1979 in Schollbrunn ging es um das weitere Vorgehen im Kreisverband. Das Foto zeigt Kreiskassierer Heribert Becker, KV Gerd Teßmer, Kreisrat Günter Engelhardt, Werner Kolczynski, (linke Mitte) Eckhard Hoffmann, Klaus Schüler und (rechts) Otto Brian.

Längere Zeit nahm die Gründung eines Ortsvereins in Mudau in Anspruch.
Als im Rahmen des Bundestagswahlkampfes 1983 man ihm im Nebenzimmer des „Engels“ in Mudau von CDU-Vertretern eine SPD-Wahlveranstaltung mit Otto Brian verweigern wollte, krachten KV Gerd Teßmer und sein Stellvertreter Rudi Braun (Diedesheim) mit dem örtlichen CDU-Vorsitzenden zusammen und riefen in den Saal: „Wenn ihr uns hier nicht haben wollt, dann werden wir eben in Mudau einen Ortsverein gründen“.. Was der CDU-Vorsitzende mit der Bemerkung abtat: „Das schaffen Sie nie“. Das spornte an. Am 27. August 1983 konnte Gerd Teßmer das 7. Mitglied in Mudau aufnehmen und am 4. September 1983 kam es in Mudau zur Gründung eines SPD-Ortsvereins. Gleich darauf, am 24. September 1983 fand in der Odenwaldhalle die erste SPD-Kreisdelegierten-Konferenz in Mudau mit dem Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA)und Wohnungsbauminister Helmut Rohde statt. Auch der SPD-Kreisvorstand tagte noch im Jahr 1983 zweimal in Mudau und einmal die SPD-Kreistagsfraktion mit Richard Reimold an der Spitze. Einen gehörigen Anteil am Mudauer „Erfolg“ gebührt dem viel zu früh verstorbenen überzeugten Sozialdemokraten und ersten Ortsvereinsvorsitzenden Reinhard Schork. Unterstützung kam auch von Ratschreiber Harald Grimm, dem Angestellten Kurt Hecht und dem Postbeamten Hugo Schwab.


Ein Impulsgeber und ein Vorbild an Aktivitäten für die Odenwald-Ortsvereine war damals der Ortsverein Fahrenbach. Die SPD stellte dort mit Richard Reimold den Bürgermeister, der auch der SPD-Kreistagsfraktion vorstand. In Fahrenbach war ganzjährig immer etwas los. Das Foto zeigt BM Richard Reimold, KV Gerd Teßmer, Adolf Balsbach, MdB Brigitte Adler, Werner Kolczynski und den stv. KV Rudi Braun (Diedesheim) während einer SPD-Veranstaltung.,

Nicht viel leichter gestaltete sich die Ortsvereinsgründung im Buchener Stadtteil Eberstadt. Zusammen mit den Buchener Stadträten Volker Schwender und Hans Schaab klappte es endlich 1982 beim zweiten Gründungsversuch im „Adler . Bei Dieter Gerlach, einem Polizeibeamten und rührigen Eberstadter Fußballer, und seiner Frau Ruth lag die Sache der Sozialdemokraten in Eberstadt lange Zeit in guten Händen.
Ohne den dortigen Schulleiter Rüdiger Gomer und seiner Frau Gudrun und den Bankangestellten Dieter Gräf wären die vielen Einzelbesuche in Ravenstein nicht so erfolgreich gewesen. Im „schwarzen“ Ravenstein entstand so 1982 ein kleiner aber aktiver SPD-Ortsverein. Was Rüdiger und Gudrun Gomer für Ravenstein waren, das bedeuteten Walter und Anita Baumann für Rosenberg. Zusammen mit Brigitte Bernhardt kam es bald zur Ortsvereinsgründung; so richtig durchsetzen konnten sich die Sozialdemokraten dort allerdings nicht.


Aufschwung im Bauland brachte der Zusammenschluss der SPD-Ortsvereine in den 5 RIO-Gemeinden zur „Grünkern-AG“ im Gasthaus „Roß“ in Bofsheim. Hier übernahm Adelsheim mit Rolf Schassner die erste einjährige AG-Amtszeit. Das Foto zeigt die geglückte Gründung und die anwesenden Gründungsmitglieder (v.l.) Albin Jelinek, Inge Kolesinski-Jelinek und Achim Peters
(alle drei Osterburken), Norbert Richter (Seckach), Rolf Schassner (Adelsheim), Renate Mihan (Osterburken), MdB Brigitte Adler, KV Gerd Teßmer, Ursula Dötter (Hirschlanden), Werner Sabelhaus (Osterburken) und Alfred Geiger (Seckach).

Sehr hilfreich warb dabei für die SPD allerdings der kurz darauf erfolgte Zusammenschluss der Bauland-Ortsvereine der SPD zur „Grünkern-AG“, in dem sich die schon bestehenden SPD-Ortsvereine von Adelsheim, Osterburken und Seckach den beiden Neugründungen annahmen. Adelsheim engagierte sich mit seinem Vorsitzenden Rolf Schassner schon längere Zeit im Kreisvorstand und die Osterburkener Sozis hatte im neugegründeten Ganztagesgymnasium ihre Hochburg mit Lehrern wie Werner Sabelhaus, Andreas und Renate Mihan , zu der sich noch der aktive Gewerkschafter Albin Jelinek und seine Frau Inge Kolesinski-Jelinek, Marianne Bauer und der ‚Bähnler’ Erhard Kolesinski gesellten. In Seckach hatte sich seit der Wahl von Peter Knoche (SPD) zum Bürgermeister ein rühriger Ortsverein gebildet, in dem Alfred Geiger und das Ehepaar Norbert und Gerda Richter außer in der SPD mit ihrer DLRG-Arbeit sich einen guten Namen gemacht hatten.


Dass die Bauland-Ortsvereine eigene Aktivitäten entwickelten zeigte nicht nur der 1. Landesparteitag in Osterburken, sondern auch die Gründung eines SPD-Bürgerbüros in Adelheim. Eine Idee, die Rolf Schassner in die Realität umsetzte. Zur Eröffnung des Bürgerbüros kam der SPD-Landesvorsitzende Uli Langpersönlich angereist und lobte die Initiative der Adelsheimer Sozialdemokraten. Das Foto zeigt den Vors. Rolf Schassner, KV Gerd Teßmer, GR’in Heide Lochmann und Uli Lang vor dem neuen Bürgerbüro.

Dass die mühsamen Neugründungen auch aktiv blieben, dafür sorgten Hugo Pettirsch, Gerd Teßmer und Irmgard Kolczynski durch regelmäßige Ortsvereinsbesuche - mindestens zwei pro Jahr – und von Mosbach aus einberufene Mitgliederversammlungen und Informationsveranstaltungen und Vor-Ort-Besuche des Kreisvorsitzenden Gerd Teßmer, unterstützt von Landtags- und Bundestagsabgeordneten wie dem früheren Innenminister Walter Krause, dem Landesvorsitzender Uli Lang, MdL Hans Beerstecher, MdB Gert Weiskirchen, MdB Hartmut Soell, der die Festrede bei Binauer 10-Jahres-Jubiläum 1981 hielt, MdB Herta Däubler-Gmelin, MdL Brigitte Adler (Sinsheim), MdB Dieter Spöri, MdB Hermann Scheer (KDK in Binau im Oktober 1981). Auch der damalige Juso-Bundesvorsitzenden Gerhard Schröder kam am 4. Dezember 1978) nach Buchen. Die Europa-Abgeordnete Beate Weber, die wie vorher versprochen als neugewählte Europa-Abgeordnete den Kreis mitzubetreuen, zeigte im Februar 1980 in Michelbach und im Mai in Binau Flagge . Von der Bundesregierung kam Staatssekretären Andreas von Bülow, ebenfalls im Februar 1980, nach Unterschefflenz. Ebenfalls von der Bundesregierung aus Bonn waren Staatsminister Gunter Huonker am 24. April 1982 Gastredner bei der KDK in Hardheim und Wohnungsbauminister Helmut Rhode bei der KDK am 24. September 1983 in Mudau.
Neben einer Fahrt ins Europa-Parlament nach Straßburg auf Einladung von MdEP Beate Weber förderte auch die Busfahrt (2 Busse) zur SPD-Großveranstaltung mit Willy Brandt in Ladenburg am 26. Februar 1983 das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des SPD-Kreisverbandes.
Sehr gut angenommen wurden auch die mehrere Jahre ausgespielten Hallen-Fußball-Turniere um den Otto.-Brian-Pokal; zumal man dabei öfters jüngere Mitglieder zur Teilnahme bewegen konnte. Auch die alljährlich in mehreren Ortsvereinen angebotenen Sommerfeste (Fahrenbach, Mosbach, Schefflenz, Binau, Elztal, Obrigheim, Osterburken, Eberstadt, Waldbrunn) erfreuten sich großer Beliebtheit und förderten die Zusammenarbeit über die Ortsvereinsgrenzen hinaus. Alljährlich von Gerd Teßmer angebotene Berlinfahrten und politische Reisen nach Italien, Schottland, Irland oder nach Polen und ins Baltikum trugen ebenso zu einem guten Klima innerhalb des SPD-Kreisverbandes bei.
Den Schluss der Ortsvereinsneugründungen machte dann Höpfingen. Hier lernte Gerd Teßmer das Ehepaar Dieter und Gisela Goldschmitt kennen und als noch das rote Lehrerehepaar Othmar und Gabi Feix dazukam, war die Sozialdemokratie auch in Höpfingen vertreten.
Ohne diese Basisarbeit und ohne zahlreiche bisher ‚versteckte’ Sozialdemokraten wäre die spätere Wahl von Gerd Teßmer im April 1984 in den baden-württembergischen Landtag nicht möglich gewesen. All diesen genannten und ungenannten Männern und Frauen, die sich in den 70er und 80er Jahren unter Inkaufnahme beruflicher Nachteile für die Ideen und Ideale der Sozialdemokratie einsetzten, sei gedankt. Ohne sie wäre der Neckar-Odenwald-Kreis geblieben, was er seit Jahrzehnten war, eine Hochburg der CDU, die sich dafür nicht einmal wirklich anstrengen mussten.

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