SPD-Neujahrsempfang 2009

Veröffentlicht am 26.01.2009 in Reden/Artikel

Rede von MdL Georg Nelius
Neujahrsempfang der SPD Neckar-Odenwald-Kreis am 25.01.2009 in Walldürn

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Genossinnen und Genossen!

Endlich!! In Deutschland geht es wieder aufwärts – wirtschaftlicher Aufschwung – sinkende Arbeitslosigkeit – bei den Unternehmen läuft es so gut wie lange nicht mehr – Rekordumsätze – Exporte auf höchstem Niveau. Nullverschuldung !

Das waren die Schlagzeilen zu Anfang des Jahres 2008, gerade einmal 12 Monate ist das her.

Und nun? Wo ist er geblieben der Aufschwung? Eine US –Immobilienkrise, die sich zunächst zur Finanz –und dann zur globalen Wirtschaftskrise ausgeweitet hat, beherrscht unser Denken. Düstere Prognosen rauben vielen den Schlaf. Die Bundesregierung befürchtet, dass die deutsche Wirtschaft um
2,5 Prozent schrumpfen werde. Damit einhergehend eine Erhöhung der Arbeitslosenzahlen.
Droht uns nach der optimistischen Zukunftsprognose vor 12 Monaten inzwischen wirklich die schwerste Rezession unserer Geschichte?

Dank der guten Konjunktur konnten sich Deutschlands Manager anfangs des Jahres 2008 über durchschnittlich 17,5 % mehr an Gehaltzuwachs freuen, die TOP Manager in den sog. Dax-Unternehmen brachten es sogar auf plus 23,3%.

Meine Damen und Herren, das sind zum Teil dieselben Manager, die heute nach dem Staat rufen, die beim Staat und damit beim Steuerzahler um Hilfe flehen, getreu dem alten Motto: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.

Es ist zum Teil beschämend, welche Kultur der Maßlosigkeit in Deutschland und in der Welt um sich gegriffen hat. Ein kleines Beispiel: In den 1950-er und zu Beginn der 1960-er Jahre, verdienten Spitzenmanager in Deutschland etwa 10 Mal soviel wie der Durchschnitt ihrer Mitarbeiter. Ein knappes halbes Jahrhundert später, ich beziehe mich auf einen Artikel aus der „Zeit“ vom 30.3.2006, war es das 80-fache. In den USA betrugen die Vorstandsgehälter im Jahre 2008 das 400-fache eines Durchschnittslohnes. Da ist jede Bodenhaftung verloren gegangen. Und das noch schlimmere daran ist, dass die meisten dieser Spitzenmanager kein eigenes persönliches Risiko tragen.

Beim normalen Arbeitnehmer oder auch beim Rentner jedoch war weiterhin Zurückhaltung gefordert, damit – so hieß es Anfang 2008 - der erst wachsende Aufschwung nicht im Keim erstickt wird. Entsprechende Forderungen aus der SPD, die Arbeitnehmer nun auch wieder stärker am wirtschaftlichen Aufschwung zu beteiligen, nachdem sie ihren Teil zum Aufschwung beigetragen hatten, konnten nicht durchgesetzt werden. Sich selbst maßlose Gehaltserhöhungen zubilligen, die Arbeitnehmer aber außen vorlassen, so handelten viele Manager, aber auch große Teile der Politik.
Hier wurde und wird die soziale Gerechtigkeit im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten. Viele Top-Manager haben in ihrer egoistischen Selbstverliebtheit den Blick fürs Wesentliche verloren.
Diesen Herrschaften geht es vorrangig darum, das eigene Kapital zu vermehren und sich täglich im Spiegel ihrer angeblichen Wichtigkeit zu betrachten.

Auch in Deutschland gab es seit Mitte der 1980-er Jahre einen zunehmenden Werteverfall.
Der Staat sollte sich mehr und mehr aus der Wirtschaft heraushalten. Deregulierung nennt man das. Der Markt würde schon alles regeln, war die Maxime marktradikaler Politiker und Unternehmer. Wir können eh alles besser, sollte das heißen.
Die Vorbilder in Deutschland und weltweit waren zumeist die Menschen, die mit möglichst wenig Arbeit in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld verdienten. „Das Problem mit dem Kapitalismus sind die Kapitalisten. Sie sind verdammt gierig“. Was wie ein modernes Zitat klingt, stammt vom amerikanischen Präsidenten Herbert Hoover, der dies bereits 1929 während der Weltwirtschaftskrise sagte und heute so aktuell ist wie damals.

Wir müssen uns wieder rückbesinnen auf Werte, die in dieser Gesellschaft früher eine große und wichtige und tragende Rolle gespielt haben. Und dazu gehört vor allem, dass eines wieder klar sein muss, was wieder Konsens werden muss in unserer Gesellschaft: Seinen Lohn muss man mit ehrlicher Arbeit verdienen, Wohlstand für alle wird mit der Produktion von Werten und Gütern erschaffen und nicht mit Luftbuchungen und nicht mit Handel von Derivaten. Ehrliche Arbeit muss sich wieder lohnen und dazu gehören verantwortungsbewusste Unternehmer und eine gerechte Teilhabe aller Menschen am Wohlstand.
Da ist auch ein Blick ins Alte Testament angebracht, Prediger, Kapitel 5 Vers 9: „Wer Geld liebt, bekommt nie Geld genug. Und wer großen Reichtum liebt, bleibt ohne Ertrag.“

Was hat uns die Gier vieler Spitzenmanager und Finanzjongleure gebracht? Herbst 2008 - In den Vereinigten Staaten beginnt eine Bankenpleite nach der anderen – Der dortige Immobilienmarkt war vorher schon zusammen gebrochen. – Die weltweite Bankenkrise zeichnet dann auch verantwortlich für den Absatzeinbruch der Automobilindustrie.
Das finanzielle „Kartenhaus“ droht einzustürzen. Die Verantwortlichen, die von jeher Eingriffe und Einmischung von Seiten der Regierungen nicht akzeptieren wollten, fordern nun die Hilfe der Regierungen. Die Verluste sollen jetzt wir alle tragen, die Gewinne haben vorher einige wenige vereinnahmt.

Ich weiß nicht, wie man die Finanzkrise kurzfristig lösen kann. Eines aber weiß ich: In dieser Gesellschaft sind elementare Sitten und ethische Werte verfallen. Es muss wieder gelten, was in Artikel 14 des Grundgesetzes steht: Eigentum verpflichtet.
Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Das Handeln, gerade auch von vielen Unternehmern – man muss auch fairerweise sagen, nicht von allen,
muss wieder geprägt sein von einer Verantwortung nicht nur für die eigenen egoistischen Ziele, sondern von einer Verantwortung für die Gemeinschaft.

Liebe Genossinnen und Genossen!
Dennoch liegt in jeder Krise auch eine Chance.

Wenn es gelingt aus der Finanzkrise zu lernen, werden wir gestärkt aus ihr hervorgehen. Eine moderne, global vernetzte Volkswirtschaft, wie Deutschland, braucht einen funktionierenden Kapital- und Finanzmarkt. Daher ist es auch richtig, zur Stützung, nicht einzelner Manager, oder einzelner Banken, sondern des ganzen Finanzsystems, staatliche Hilfe zu leisten. Die Banken sind sozusagen die Blutadern unseres Wirtschaftssystems. Wenn das Bankensystem zusammenstürzen würde, hätte dies unvorstellbare Folgen, für uns alle.
Selbstverständlich brauchen wir in Zukunft bessere Spielregeln für Investoren und Fonds, die eine einseitige Renditeorientierung zu Lasten des langfristigen Substanzerhalts von Unternehmen verhindern.
Mit der zunehmenden internationalen Vernetzung der Güter- und Finanzmärkte wird ihre internationale Regulierung immer bedeutsamer.
Die Große Koalition in Berlin hat – und dies wird von allen ernst zu nehmenden Wirtschaftsinstituten bestätigt – die richtigen Schritte aus der Krise getan.

Lasst euch daher auch nicht irre machen durch Aussagen von Westerwelle, der Linken u.a., die in seltener Einmütigkeit mit nahezu tränenerstickter Stimme das Lied vom Auto,
das uns 2500.—Euro wert sei, das Kind aber nur 100.—Euro, singen. Genau an diesem Beispiel möchte ich die Scheinheiligkeit dieser Argumentation einmal zeigen: So zahlt der Staat für das erste Kind monatlich 164 Euro, bis zu seinem 18.Lebensjahr ist es also dem Staat 35424 Euro wert, Niedrigverdiener können zudem einen Kinderzuschlag bis zu 140 Euro beantragen, für Berufstätige gibt es Elterngeld - bis zu 1800 Euro pro Monat.
Bei aller Kritik sollte man diese Fakten in der Diskussion nicht ganz vergessen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Anerkennung möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich unseren örtlichen Sparkassen und Genossenschaftsbanken aussprechen. Diese spielen für kleine und mittlere Unternehmen, wie wir sie hier im ländlichen Raum überwiegend vorfinden,
eine wichtige Rolle. Darum wollen wir Sozialdemokraten diese Bankenstruktur unterstützen.
Insbesondere Sparkassen müssen auch in Zukunft öffentlich-rechtlich bleiben, um ihre Orientierung am Gemeinwohl zu erhalten!
An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass z.B. die Vorstände der Volksbanken auch mit ihrem persönlichen Vermögen haften. Gäbe es diese Regelung auch bei privaten Banken hätte es vielleicht viele falsche Entwicklungen nicht gegeben!

Mit den Konjunkturpaketen hat die Bundesregierung bewiesen, dass sie den Willen hat, zu handeln. Nicht zuletzt wegen der von der SPD-geführten Bundesregierung, unter Kanzler Schröder, eingeleiteten Reformen ist unser Land aber auch in der Lage kraftvoll zu handeln. Es hat sich gezeigt, dass der Reformweg richtig war und wir heute deutlich besser dastehen als viele unserer europäischen Nachbarn.

Zwar spricht der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Weise, von 300 000, Wirtschaftsminister Glos sogar von 500 000 neuen Arbeitslosen. Wir haben aber heute eine Ausgangsbasis von 3,1 Millionen Arbeitslosen, hatten aber vor wenigen Jahren auch schon ca. 5 Millionen. Ich denke, das relativiert auch ein Stück die Panikmache interessierter Kreise.
Kein Mensch hier im Saal kann natürlich sagen, wie es in einem halben Jahr sein wird. Eines wird aber sicher sein, die Pessimisten werden die Lage nicht verbessern, sondern verschlimmern.

Während die Große Koalition, so meine ich, wirklich souverän, geschlossen und entschlossen der Krise entgegentritt, zeigen die Fürsten der CDU Schwächen.

Friedrich Merz will in der Krise „mehr Kapitalismus wagen“, während der selbst ernannte Arbeiterführer Jürgen Rüttgers manche Unternehmen am liebsten verstaatlicht sehen würde. Und nicht zu vergessen Hessens alter und neuer Ministerpräsident Roland Koch. Noch vor einem Jahr hat dieser den marktradikalen Reformer gegeben und im vergangenen Wahlkampf hat man den Eindruck gewinnen können, Koch wolle sich als Dirigent beim Arbeitergesangverein der Opel-AG in Rüsselsheim bewerben.

Wir brauchen also gerade in diesen Zeiten eine starke SPD.
Ich denke unsere Minister und Staatssekretäre bzw. Staatssekretärinnen machen in Berlin einen guten Job.

Hier sei nur die Staatssekretärin Karin Roth genannt, die bei der Ortsumfahrung Adelsheim zu ihrem Wort stand, dass sie alles tun werde, um diese Maßnahme durchzudrücken. Und nun auch ein überzeugendes Beispiel dafür, dass in jeder Krise auch Chancen liegen. So hat Karin Roth bei der Verabschiedung des Konjunkturpaketes, das Baden-Württembergs Straßenbau immerhin knapp 100 zusätzliche Millionen brachte, schnell gehandelt und der Maßnahme in Adelsheim zum Erfolg verholfen.
Ohne die Krise hätte also die OU Adelsheim noch lange auf sich warten lassen.
Zu hoffen ist jetzt nur, dass die durch die Verwaltungsreform verschlankten Verwaltungen nun auch personell in der Lage sind, die schnelle Umsetzung der Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen möglichst schnell umzusetzen. Damit diese nicht wirkungslos werden, indem sie zu spät greifen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren !
Die Landesregierung hat sich im Gegensatz zur Bundesregierung im vergangenen Jahr nicht unbedingt nur mit Ruhm bekleckert.
Es ist heute wohl unstrittig, dass Bildung zum Wichtigsten gehört, was man jungen Menschen mit auf den Weg geben kann. Wenn man sich aber das Chaos beim achtjährigen Gymnasium oder die Diskussionen um den Verbleib des Schulamtes in Mosbach ansieht, habe ich so meine Zweifel, ob die Landesregierung dies wirklich auch erkannt hat.
Die neue Diskussion um Hauptschule mit oder ohne Werkrealschule, ob ein – oder zweizügig oder doch nicht oder so ? zeigt, dass man den alten Grundsatz: erst denken, dann handeln auch immer mehr aus dem Auge verliert,
Das Jahr 2009 wird zeigen, ob die Landesregierung Wort hält und die Anzahl der Studienplätze an der Berufsakademie Mosbach auf 3.000 erhöht. Dies wäre ein positives Zeichen für die Bildungslandschaft und Wirtschaftskraft des Neckar-Odenwald-Kreises.
Ersten Informationen nach, soll die Zahl jetzt auf 2700 korrigiert worden sein, dies aber schon mit dem Hinweis, dass dabei die Studenten der neuen Außenstelle in Heilbronn da mitzählen würden. Wenn man die nur mit etwa 300-400 ansetzt, bleibt in Mosbach nur ein ganz geringer Zuwachs, denn jetzt haben wir dort auch schon 2200 Studentinnen und Studenten.
So stellt man sich in Stuttgart eben die Entwicklung ländlicher Räume vor. Leider.

Weiterhin besteht mit dem Konjunkturpaket II nun die Chance den ländlichen Raum flächendeckend mit DSL-Anschlüssen zu versorgen. Ich bin mir sicher, dass unser Landkreis diese Möglichkeit auch zügig nutzen wird. Die Mittel hierfür müssen jetzt schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden.
Gott sei Dank, hat das Ministerium für ländlichen Raum seine Blockade-Haltung, noch aus dem Jahr 2007, zwischenzeitlich aufgegeben, die da hieß: keine Förderung der Breitbandverkabelung, das sei Sache der privaten Anbieter.
Aber die Daten – Autobahnen sind für die Menschen im ländlichen Raum genauso wichtig, wie für die in Ballungsräumen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Sicherheit hat ihren Preis! Die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land leisten einen hervorragenden Dienst und es darf bei ihnen nicht der Eindruck entstehen, dass sie im Stich gelassen werden. Wer eine funktionierende Sicherheitsstruktur will, muss die Polizei dementsprechend ausstatten.
Stellenabbau und personelle Überalterung müssen ein Ende haben. Innenpolitik gehört zum Kernbereich der Länderhoheit. Wer hier spart, setzt falsche Prioritäten!

Sie erlauben mir noch eine Bemerkung zum Thema Handwerk und Mittelstand. Die Handwerkerschaft begrüßt die Bemühungen der Landes-SPD um bessere Rahmenbedingungen bei Vergaben und Ausschreibungen. Ich glaube, wir sind hier auf einem guten gemeinsamen Weg.
Auch in diesem Jahr gilt es viel zu tun, viel zu erreichen und gemeinsam für die Menschen in unserem Landkreis zu kämpfen. Wir können stolz auf das Erreichte im vergangenen Jahr zurückblicken und mutig die Herausforderungen im neuen Jahr annehmen.

Die Kommunal-, Bundestags – und Europawahlen fordern den Einsatz von uns allen. Gerade schwierige Zeiten fordern das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für ihre Gesellschaft.
Es darf uns nicht egal sein, wer uns in den nächsten Jahren in Städten und Gemeinden, im Kreis, in Berlin und Europa vertritt.
Zeigen wir Sozialdemokraten mutig Flagge und den Menschen, dass die alten Werte der SPD: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität aktueller und wichtiger sind denn je.
Glück auf oder wie US-Präsident Obama sagen würde:
„Yes, we can!“

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