90 Jahre 1. Reichspräsidentenschaft in einer deutschen Republik durch den Sozialdemokraten Friedrich Ebert

Veröffentlicht am 12.02.2015 in Historisches

Rede von MdL a.D. Gerd Teßmer anlässlich der 90-jährigen Wiederkehr der Wahl Eberts zum 1. deutschen Reichspäsidenten am Ebert-Gedenkstein in Krumbach

Vor genau 90 Jahren wurde mit dem Sozialdemokraten Friederich Ebert der 1. demokratisch gewählte Präsident einer deutschen Republik gewählt. Dazu legte die SPD im Krumbach, dem Geburtsort von Friedrich Eberts Vater, einen Gedenkkranz am Ebert-Gedenkstein nieder. Links MdL a.D. Gerd Teßmer, der die Festrede hielt, dann Bundestagskandidatin Gabi Teichmann, Fraktionsvorsitzende im Kreistag Heide Lochmann und Kreisvorsitzender Jürgen Graner.

Nicht ohne Grund haben wir uns genau heute, am 11. Februar, hier in Krumbach eingefunden, um eines großen deutschen Mannes zu gedenken, dessen Wurzeln hier in Krumbach liegen. Wie das Krumbacher Kirchenbuch von 1834 ausweist, wurde hier am 8. November Karl Ebert geboren, der Vater des späteren ersten Reichspräsidenten. Karl Ebert wuchs in Krumbach auf und nach den schweren Hungerjahren nach 1848 trieb es viele landlose Tagelöhner um, ihre Heimat zu verlassen. Viele wollten nach Amerika auswandern, doch viele kamen nicht weit. 

Karl Ebert schaffte es 1860 in Heidelberg sesshaft zu werden und zusammen mit seiner Frau Katharina geb. Hinkel aus Neckargerach in der Pfaffengasse 18 eine kleine Schneiderwerkstatt zu begründen. Dort wurde dann am 4. Februar 1871 als 5. von 6 Kindern Friedrich Ebert geboren.

Friedrich Ebert ging in Heidelberg in die damals achtjährige Volksschule, machte für drei Jahre eine Sattlerlehre, ohne diese zu beenden. Von seinem Vater lernte er, dass man sich mit Gleichgesinnten zusammenschließen muss, wenn man nicht untergehen wollte. 
Nach 1888 ging der junge Ebert auf Wanderschaft durch ganz Deutschland und kam in das politisch weit liberalere Bremen als das Großherzogtum Baden damals war. Es war ja auch die Zeit der Sozialistengesetze und jede Agitation mit sozialdemokratischen Inhalten wurde verfolgt. Als 1890 nach 16 Jahren die Sozialistengesetze aufgehoben wurden, war aus dem Sattlergesellen schon ein politisch geschulter Sozialdemokrat geworden. Es war sicher kein Zufall, dass Friedrich Eberts politische Karriere als Mitglied des zentralen Parteivorstands 1904 auf dem Bremer Parteitag begann, denn in Bremen hatte er als Gastwirt und Redakteur gewirkt und man kannte und schätzte den klugen und gradlinigen Sozialdemokraten, der seit 1900 in der Bremischen Bürgerschaft saß. 1906 wurde Friedrich Ebert dann schon klar im Parteivorstand bestätigt, er erhielt 344 von 352 Delegierten-Stimmen. Seit 1913 war er einer der beiden SPD-Parteivorsitzenden.

Am Ende des verlorenen Weltkriegs übernahm Friedrich Ebert im November im zerrütteten, wirtschaftlich darnieder liegenden Kaiserreich das Amt des Reichskanzlers. Seiner Regierung oblag es als Konkursverwalter der Monarchie, die erniedrigenden Friedensbedingungen des „Diktats von Versailles“ zu unterzeichnen und durchzusetzen.

„Wir wollen aufbauen, nicht zerstören. Vor allem aber keine Gewalt !
Deutschlands Lage jetzt und in Zukunft hängt von einem schnellen und annehmbaren Frieden ab, einem Frieden der Verständigung und Versöhnung, den das deutsche Volk in seiner großen Mehrheit immer für alle Völker forderte“. (Friedrich Ebert)

Ebert stellte sich ohne Zögern in die Verantwortung für das ganze deutsche Volk. Sein Streben galt also nicht der Rache an Schuldigen für die Niederlage.

Friedrich Ebert hatte auch klare Vorstellungen, was für ein Deutschland das zukünftige Deutsche Reich werden sollte. Jetzt zeigte es sich, wie wichtig es gewesen war, dass der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann den Kommunisten um nur wenige Stunden zuvorgekommen war und vom Reichstagsgebäude in Berlin aus die Deutsche Republik ausgerufen hatte.
Sofort machte sich Friedrich Ebert daran, eine durch demokratische Wahlen legitimierte Reichsregierung zu etablieren. Es zahlte sich aus, dass Friedrich Ebert nicht die klassenkämpferische Konfrontation suchte, sondern die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner im Rahmen von Recht und Gesetz auszufechten. Für Friedrich Ebert gab es nur den parlamentarischen Weg. Nach den ersten freien und demokratischen Wahlen Anfang 1919 wählte ihn die Nationalversammlung mit großer Mehrheit zum ersten Reichspräsidenten einer deutschen Republik. Dies geschah genau heute vor 90 Jahren.

Vieles was nach diesem 11. Februar 1919 in Deutschland geschaffen wurde, sehen wir heute als selbstverständlich an und vergessen allzu leicht, wem wir dies tatsächlich verdanken: Friedrich Ebert

Durch die furchtbare Zeit nach 1933 dachte man im demokratischen Deutschland nach 1949 in der Bundesrepublik Deutschland nur noch in politischen und historischen Studierzimmern an all die Aufbauleistung, die nach 1919 durch Reichspräsidenten Friedrich Ebert eingeleitet wurden. Der erste demokratische Staat auf deutschem Boden darf aber nicht deshalb vergessen werden, weil danach all diese Ideale durch Willkür und Gewalt wieder zerstört wurden.
Als Ebert 1919 Reichspräsident wurde, gab es kein Vorbild, nach dem er sich richten konnte, keine anerkannte Obrigkeit, viele entwurzelte Kriegsheimkehrer und eine hungernde Bevölkerung. Da gab es für viele Wichtigeres als die Schaffung zukunftsfähiger und demokratischer Staatsorgane, als persönliche Freiheit, als der Wiederaufbau der Länder, Städte und Gemeinden mit Recht und Ordnung und die Stabilisierung von Wirtschaft und Währung, den Hunger zu stillen und Arbeit zu finden waren die Dinge, auf die man sein Augenmerk richtete.

Heute, am 11. Februar sollten wir aber ruhig etwas anerkennend zurückblicken auf die Leistung des ersten sozialdemokratischen Reichspräsidenten Friedrich Ebert.

Zunächst führte Ebert viele Reformen im neuen Deutschen Reich ein: 

  • ein neues Wappen, 
  • den geänderten Reichsadler, 
  • eine neue Fahne in den Farben schwarz-rot-gold, eingedenk der Freiheitsgedanken der deutschen Burschenschaften, des Hambacher Festes und den Freiheitsforderungen der Revolution von 1848, die sich an diesen Farben orientierten.
  • eine Reichswehr ohne irgendwelche Privilegien für den Adel
  • das Frauenwahlrecht
  • Arbeitszeitverkürzung (8-8-8)
  • Arbeitslosenunterstützung
  • Ausbau der Sozialversicherung
  • demokratisches Wahlrecht für alle
  • eine demokratische Verfassung
  • Aufhebung der Zensur

Das alles sind wir heute gewöhnt, aber ist es nicht wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass wir diese Grund- und Menschenrechte nicht geschenkt bekommen haben. Für uns Sozialdemokraten – und das sei mir nicht ohne Stolz erlaubt besonders zu betonen – ist es doch erinnernswert, dass es die einst verächtlich gemachten „vaterlandslosen Gesellen“ der Zeit der Sozialistengesetze, also die Sozialdemokraten waren, die das freie und demokratische Deutschland aus dem Nichts und ohne Vorbilder geschaffen haben. Daran kann auch die nach 1933 wieder aufgenommene Hetze gegen die Sozialdemokraten nichts ändern.
Niemand kann uns wegnehmen, dass es Sozialdemokraten wie Friedrich Ebert waren, die ein straff undemokratisch geführtes Kaiserreich in eine demokratische Republik umgewandelt haben und die aus Untertanen freie Bürgerinnen und Bürger in einem freien Staat machten.
So gesehen finde ich es als eine besondere Anerkennung des 1. Bundespräsidenten Theodor Heuß, dass er seinen Amtsvorgänger in der ersten deutschen Republik, den Reichspräsidenten Friedrich Ebert, einmal den

„Abraham Lincoln des deutschen Volkes“

genannt hatte.

Erinnern wir uns heute daran, was sich unser Volk vor 90 Jahren an Freiheit und Demokratie erst hart erarbeiten musste und arbeiten wir alle daran, dass uns diese Rechte und Freiheiten nie wieder genommen werden!

Gerd Teßmer

Vor genau 90 Jahren wurde mit dem Sozialdemokraten Friederich Ebert der 1. demokratisch gewählte Präsident einer deutschen Republik gewählt. Dazu legte die SPD im Krumbach, dem Geburtsort von Friedrich Eberts Vater, einen Gedenkkranz am Ebert-Gedenkstein nieder. Links MdL a.D. Gerd Teßmer, der die Festrede hielt, dann Bundestagskandidatin Gabi Teichmann, Fraktionsvorsitzende im Kreistag Heide Lochmann und
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